Neuseeland besuchen und keinen Great Walk gehen? Das ist ja fast schon ein Verbrechen, aber auch nur fast. Denn bei diesen Tageswanderungen gehört eine gute Planung und die richtige Ausrüstung dazu. Vor allem Letzteres war oft ein Ausschlusskriterium. Nichtsdestotrotz musste ein Great Walk her, nur welcher? Die Entscheidung fiel auf den Routeburn Track, der dir wunderschöne Aussichten auf die Südalpen beschert.
Gesagt getan, es wurde fleißig gepackt und vorbereitet. Für eine Übernachtung in der Hütte, den Start am frühen Nachmittag und den schönsten Sonnenaufgang in den Südalpen. Was ich eingepackt habe, gibt es in meiner extra Packliste für Hüttentouren.
Klar war von Anfang an eines: wir gehen den Track nicht komplett. Denn einen Haken hat dieser Great Walk. Start und Ende trennen zwar „nur“ 32 km, der Track ist aber für eine Tour in nur eine Richtung ausgelegt und wenn man am anderen Ende rauskommt, muss man mit Bus oder Auto 325 km zurücklegen. Auch dafür gibt es Shuttle Dienste oder andere Lösungen, für uns war das aber ein Ausschlusskriterium und wir entschieden uns nur bis zum höchsten Punkt des Tracks, dem Harris Saddle zu gehen.
Routeburn Shelter bis Routeburn Flats
Über einen kleinen schmalen Waldweg bahne ich mir den Weg mit einem 7,5 Meter langen Wohnmobil. Wenn dir hier jemand entgegenkommt ist es wahrscheinlich vorbei, aber ich komme gut bis zum Ende durch. Zu dem Parkplatz beim Routeburn Shelter. Dieser ist unterteilt, bei Platzmangel einfach weiter durchfahren, da kommen noch weitere Plätze. Hier geht dann alles ganz schnell: Schuhe an, Essen in den Rucksack und los. Es regnet leicht, die Wettervorhersage für die nächsten Tage ist allerdings blendend.
Die ersten 6,5 Kilometer haben gerade einmal 250 m Steigung und man soll für diesen Spaziergang etwa 1,5 bis 2,5 Stunden benötigen. Es geht gefühlt nur geradeaus durch einen einzigen endlosen Wald und entlang des Route Burn Rivers. Auf dem Weg passiert man mehrere Hängebrücken und kleinere Lichtungen. Immer mal wieder geht es ein Stück bergauf, dann wieder geradeaus und über die nächste Brücke.
Nach etwa 50 Minuten kommt dann eine Toilette, wahrscheinlich für jene, die diesen Weg als Tagesausflug bis zu den Routeburn Flats nutzen. Danach gehen wir noch etwa 40 Minuten und genießen die erste Aussicht auf die Südalpen am Fuße des Flusses. Ein Schild weist hier den Weg: 15 Minuten zu den Flats (Hut und Camping) oder weiter bis zur Routeburn Falls Hut.
Routeburn Flats bis Routeburn Falls
Wir sind natürlich weiter gegangen und ab hier wurde es dann tatsächlich mal anstrengend und steil. Etwas mehr als 250 Höhenmeter muss man auf 2,3 km zurücklegen. Dafür sind 1 – 1,5 Stunden angesetzt. Über den angelegten Schotterweg und ein paar Hängebrücken wandert man durch den eben noch von unten gesehenen Wald. An einigen Lichtungen sieht man schon deutlich die Höhe, denn die nächste Hut liegt bereits auf 1000 m und bietet tolle Ausblicke auf das Tal und die Alpen.
Das Schwitzen lohnt ich eindeutig, denn nach etwa einer Stunde zeigen sich zwei riesige Hütten. Eine davon erinnert an ein Hotel und ist für die geführten Wanderungen reserviert. Die deutlich weniger noble Hütte – Routeburn Falls Hut – ist direkt in den Hang gebaut und bietet einen wunderschöne Aussicht. 48 Betten findet man hier und einen großen Gemeinschaftsraum mit Feuerstelle.
Das Feuer brennt schon als wir kommen und ein anderer Wanderer sitzt auf einer der Holzbänke. Wir kommen erst mal an und machen Mittagspause. Selbst in der Nebensaison ist man hier selten ganz alleine, denn gerade den ersten Teil gehen die meisten, mit dem Ziel am nächsten Tag zurückzuwandern. Während unserer Pause kommen noch 5 weitere Wanderer an. Wir erzählen, dass es für und zum Sonnenuntergang noch bis zum Harris Saddle gehen soll und wir dann zurückkommen zum Übernachten. Da weiß noch keiner von uns, dass eben genau das nicht passieren wird.
Routeburn Falls bis Harris Saddle
Gut gestärkt geht es nun bis ganz nach oben – zum höchsten Punkt des gesamten Tracks. Der Harris Saddle liegt auf 1.255 m und bietet spektakuläre Aussichten inmitten der Südalpen. Ein beschwerlicher und an vielen Stellen zugefrorener Weg liegt vor uns. Und es dauert etwa 2 Stunden bis wir den Lake Harris endlich erreichen. Es dämmert und Wolken ziehen auf, es wird immer kälter und als wir an dem verlassenen Picknick Shelter ankommen, ist eines klar – wir müssen eine Entscheidung treffen: Hier übernachten oder den nicht ganz ungefährlichen Weg im Dunkeln auf uns nehmen.
Der Himmel hat sich bereits komplett verdunkelt und es regnet und hagelt wie aus Eimern. Das Picknick Shelter ist ein winziger Raum mit 2 Bänken und sonst nichts. Aber wir bleiben. Wir müssen bleiben, denn bei diesen Konditionen einen Sturz zu riskieren, erscheint und als die schlechtere der beiden Varianten.
Was folgt ist die kälteste Nacht unseres Lebens in der an Schlafen nicht zu denken ist. Um uns herum heult der Sturm, Mäuse laufen in unserem Unterschlupf umher und alle 2 Stunden kochen wir Wasser um es in unsere Flaschen zu füllen und wenigstens etwas Wärme zu bekommen.
Es kommt mir wie ein Wunder vor, dass sich am nächsten Morgen alle Wolken verzogen haben und es komplett trocken ist. Alles glitzert und glänzt vor lauter Eis und der kleine See ist zugefroren. Eine wunderschöne Eislandschaft und einer der schönsten Sonnenaufgänge entschädigt für die Strapazen der letzten Nacht.
Der Rückweg
Das Gleiche noch mal andersherum. Besonders bis zu den Routeburn Falls ist der Weg gefährlich und geht nur schleppend voran. Alles was gestern noch matschig oder feucht war, ist heute spiegelglatt und gefroren. Auf dem Weg treffen wir 3 der 5 Wandernden aus der Hut. Man habe sich bereits Sorgen gemacht, aber angesichts des Wetter vermutet, dass wir im Shelter geblieben seien. Die Sonne strahl bereits jetzt vom Himmel und wir wünschen eine gute Wanderungen.
Auch wenn ich es nicht empfehlen kann im Shelter zu übernachten und es auch nur für Notfälle gedacht ist, diese Erfahrung kann mir keiner mehr nehmen. Ich habe viel daraus gelernt und kann einen der schönsten Sonnenaufgänge für mich mitnehmen. Eine Wanderung mit überraschendem Ende und eine, die sich als Erinnerung und tolle Geschichte eingebrannt hat. Eine der schönsten Wanderungen und eine, die ich um keinen Preis missen möchte.
Routeburn Track – das Video zur Wanderung
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Das war ja mal ein tolles Abenteuer! Und du hast es so wunderbar lebendig erzählt.